Promotionskolleg
Heterogenität: effektive Lernsettings und Professionalität an Schulen
Beschreibung
Für die Herausforderungen des Umgangs mit Heterogenität im Fachunterricht gibt es eine große Zahl von Strategien (vgl. Klieme & Warwas, 2011). Neben der äußeren Differenzierung durch entsprechende Schul- und Kursstrukturen und stark individualisierendem Unterricht unter Auflösung der Klassenstrukturen, sind weiterhin Strategien der Binnendifferenzierung, die im Rahmen des regulären Klassenunterrichts umsetzbar sind, von hohem Interesse. Praxis und Forschung interessieren sich gleichermaßen für Formate von differenzierendem Unterricht, die realistisch durchführbar und zugleich lernwirksam sind (“effektive Lernsettings”). Die Lehr-Lernforschung (Pädagogische Psychologie und Fachdidaktiken) hat hierzu seit vielen Jahren Strategien entwickelt und in ihrer Wirksamkeit empirisch geprüft, die Hinweise darauf geben, wie Lernende mit unterschiedlichen Voraussetzungen unterschiedlich gefördert werden können (“adaptive Lernsettings”). In der Regel zeigt sich, dass Lernende mit ungünstigeren Lernvoraussetzungen (Vorwissen, Selbstregulation, Sprache etc.) von einer stärkeren Strukturierung oder verschiedenen Formen instruktionaler Unterstützung (“prompting, scaffolding”, etc.) profitieren, während umgekehrt solche Maßnahmen bei Lernenden mit günstigeren Lernvoraussetzungen durchaus Nachteile haben. Solche Befunde sind auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der Praxis plausibel, es braucht aber konkretere Ideen (Formate, Materialien), wie sie zur Umsetzung im jeweiligen Fachunterricht genutzt werden können.
An dieser Stelle setzt das Projekt HeLPS an und verfolgt die Ziele:
- Entwicklung konkreter Unterrichtseinheiten unter Berücksichtigung des Forschungsstandes
- Ko-Konstruktion, d.h. gemeinsame Entwicklung der Unterrichtseinheiten von Fachteams aus Lehrkräften und Wissenschaft mit Blick auf Umsetzbarkeit und Wirksamkeit
- Einbettung in eine Begleitung durch Fachberatung und Fortbildung durch die Strukturen der Staatlichen Schulämter, Schulregionen (und künftig ZSL)
- Unterstützung durch professionelle digitale Plattformen der Schul- und Unterrichtsentwicklung (IQES online, IQES Lernkompass)
- Beforschung hinsichtlich der erwarteten Wirksamkeit und Dissemination in den Netzwerken
Teilprojekte
Lerngegenstände im Bereich: Mensch-Natur-Technik
Lerngegenstände im Bereich: Mathematik
Teilprojekt 1: Experimentieren im Themenbereich Schwimmen und Sinken
Für den Umgang mit Heterogenität im Fachunterricht gibt es verschiedene Strategien (Klieme & Warwas, 2011). Neben Formen der äußeren Differenzierung durch Schulstrukturen und stark individualisierendem Unterricht, sind Strategien der Binnendifferenzierung, die im Rahmen des regulären Klassenunterrichts umsetzbar sind, von hohem Interesse, um den individuellen Bedürfnissen von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Vorkenntnissen gerecht werden zu können.
Gerade beim Experimentieren im naturwissenschaftlichen Sachunterricht an Grundschulen erscheint eine Differenzierung aufgrund der heterogenen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schülern angebracht. Praxis und Forschung interessieren sich gleichermaßen für Formate von differenzierendem Unterricht, die realistisch durchführbar und zugleich wirksam hinsichtlich der Lernergebnisse sind („effektive Lernsettings“).
Die Lehr-Lernforschung hat hierzu seit vielen Jahren Strategien entwickelt und deren Wirksamkeit empirisch geprüft. Hierbei gibt es Hinweise, wie Lernende mit unterschiedlichen Voraussetzungen unterschiedlich gefördert werden können („adaptive Lernsettings“). So besagt der „Expertise-Umkehr-Effekt“ beispielsweise, dass Lernende mit ungünstigeren Lernvoraussetzungen (beispielsweise hinsichtlich sprachlichen Voraussetzungen oder der kognitiven Fähigkeit) von Lernunterstützungen profitieren, dass umgekehrt aber solche Maßnahmen bei Lernenden mit günstigeren Lernvoraussetzungen nachteilig sind (Kalyuga et al., 2003).
Ziel des Projekts ist es, differenzierende Lernmaterialen für das Experimentieren zum Thema „Schwimmen und Sinken“ zu entwickeln. Dazu werden Comics erstellt, wobei entweder konkrete Lernunterstützungen in Form von Visualisierungen enthalten oder nicht enthalten sind. Im Rahmen des Projekts wird dabei untersucht, inwiefern der Lernzuwachs von Schülerinnen und Schüler von ihrem Vorwissen und dem jeweils gewählten Lernmaterial (Lernunterstützungen versus keine Lernunterstützungen) abhängt. Die zu erwartenden Ergebnisse des Projekts liefern damit wichtige Hinweise über die Wirkung der entwickelten adaptiven Lernsettings im Sachunterricht der Grundschule.
Teilprojekt 2: Sprachlich unterstützte Erschließung von Sachtexten des Geschichtsunterrichts
Sprachbildung und -förderung im Geschichtsunterricht sind im Kontext der Diskussion über den sogenannten sprachsensiblen Fachunterricht verstärkt ins Blickfeld der geschichtsdidaktischen Forschung gerückt. Entsprechende Studien beschäftigen sich etwa mit Sprachmerkmalen fachspezifischer Texte oder mit Schreibprozessen im Geschichtsunterricht. Der Bereich der fachspezifischen Leseförderung, der im Fokus dieses Promotionsprojekts steht, ist dagegen in der deutschsprachigen fachdidaktischen Forschung noch unterbelichtet. Die angloamerikanische Forschung ist weiter fortgeschritten, weist aber einen Mangel an quantitativen Wirksamkeitsstudien auf. Hier setzt Teilprojekt 2 an, das auf die Entwicklung und Evaluation einer binnendifferenzierenden Lesefördermaßnahme für das Fach Geschichte zielt. Damit soll ein praxisrelevanter Beitrag zu einer empirisch fundierten Weiterentwicklung eines sprachsensiblen Geschichtsunterrichts geleistet werden. Die Effektivität des adaptiven Unterrichtssettings, in dem die Sprachunterstützung bei der Textarbeit je nach Lern- und Sprachvoraussetzung systematisch variiert wird, wird in einer experimentellen Studie mit mehreren Testzeitpunkten mithilfe standardisierter Methoden überprüft.
Teilprojekt 3: Adaptives Lernen in der Konsumbildung im Bereich Mode und Accessoires
Im Rahmen des Teilprojekts soll für das Schulfach „Alltagskultur, Ernährung, Soziales“ (AES) (Sekundarstufe 1, Baden-Württemberg) ein adaptives Lernsetting zur Konsumbildung im Bereich Mode und Accessoires forschungsbasiert entwickelt, empirisch auf Wirksamkeit untersucht und ein Transfer in die Praxis angebahnt werden. In zwei Studien sollen die differentiellen Effekte sowie die Wirkung des adaptiven Lernsettings im konkreten Unterricht untersucht werden (Leuders & Loibl, 2019).
Ein reflektierter Umgang mit Entscheidungssituationen ist ein elementarer Bestandteil von „Bewertungskompetenz“ (Eggert & Bögeholz, 2006) und spielt innerhalb des Unterrichtsfachs AES eine zentrale Rolle (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2016). Es ist anzunehmen, dass Lernende der neunten Jahrgangsstufe an Realschulen der Sekundarstufe 1 in unterschiedlichem Ausmaß Aspekte der Nachhaltigkeit und der Qualität in ihre Kaufentscheidung mit einbeziehen und sich die individuellen Konsumausrichtungen der Schülerinnen und Schüler im Sinne von heterogenen Lernvoraussetzungen, auf ihr Entscheidungsverhalten auswirken (Lange, 2004; Lange, Choi, Yoo & Adamczyk, 2005). Im Rahmen der ATI-Forschung soll hierauf angemessen reagiert und konsumbezogene Lernaufgaben so adaptiert werden, dass sie den zwei unterschiedlichen Konsumausrichtungen gemäß Lange (2004) von Schülerinnen und Schülern entsprechen und die heterogenen Ausgangssituationen adäquat unterstützen. Im konkreten, adaptiven Unterrichtssetting soll eine ausgearbeitete Stationenarbeit zum Konsumprodukt „Sneaker“ die Lernenden dabei unterstützen, sich in komplexen, konsumbezogenen Situationen begründet und systematisch bei unterschiedlichen Handlungsoptionen zu entscheiden.
Teilprojekt 4: Adaptive Förderung von Operationsverständnis mit Hilfe externer Repräsentationen
Die Forschung zur Lernwirksamkeit konkreter Lernsettings zeigt häufig eine hohe Varianz bezüglich der Effektivität und – angesichts der Heterogenität im Klassenzimmer – differenzielle Effekte, d.h. eine Schülergruppe profitiert von dem untersuchten Lernsetting, eine andere weniger. Vor dem Hintergrund dieses Forschungsstandes wird im vorliegenden Projekt ein konkretes adaptives Lernsetting, basierend auf Annahmen zu theoretisch fundierten ATI-Effekten (aptitude-treatment-interaction, Cronbach & Snow 1969) entwickelt und die ATI-Annahmen empirisch abgesichert. Dabei wird in diesem Forschungsprojekt der Lerngegenstand Operationsverständnis als mathematische Basiskompetenz betrachtet.
Studien zeigen, dass ein beachtlicher Teil der SchülerInnen mit fundamentalen Lücken in den mathematischen Basiskompetenzen in die Sekundarstufe I starten. Vor allem das Operationsverständnis ist im Bereich der Multiplikation und Division nicht ausreichend ausgebaut (Schulz et al. 2017; Ehlert et al. 2013), obwohl dies curricular zur 4. Klassen abgeschlossen ist und für das weitere Lernen eine elementar wichtige Rolle spielt (Baroody et al. 2006). Als ein zentraler Aspekt von Operationsverständnis gilt die Fähigkeit Situationen (real, verbal beschrieben, bildlich vorgegeben) in einen mathematischen (symbolischen) Term zu übersetzen und andersherum (Schulz et al. 2019). Soll – wie in vorliegender Studie geplant – eine Textaufgabe mathematisiert werden, geht die mathematikdidaktische Forschung im Allgemeinen von zwei Hauptschritten aus: zuerst geht es um das Verstehen der beschriebenen Situation und den Aufbau eines Situationsmodells. Dies ist eine mentale Repräsentation des Inhalts, die Schlussfolgerungen und andere relevante Erfahrungen integriert. Der nächste Schritt ist dann die Mathematisierung, also die Übersetzung des Situationsmodells in eine mathematische Form (Verschaffel et al. 2000, 169). Dieser Übergang von der in der Textaufgabe beschriebenen Situation zum mathematischen Modell (z.B. Rechnung) wird als Aktivierung und Anwendung von „Grundvorstellungen“ beschrieben (Prediger 2008; Vom Hofe & Blum 2016).
Mangelndes Operationsverständnis bei Textaufgaben lässt auf unpassende oder fehlerhafte mentale Repräsentationen schließen. In diesem Fall können veranschaulichende grafische Darstellungen (z.B. Punktefelder) die Aufgabenbearbeitung unterstützen, sofern die Übersetzung zwischen Text, Darstellung und Rechnung gelingt. Sie stellen eine Zwischenstufe zwischen konkreten Handlungen und abstrakten nur im Kopf stattfindenden Vorstellungen dar (Lorenz 2019). Punktemuster sind somit bereits vereinfachte Situationsmodelle für die mathematische Struktur. Sie fördern Grundvorstelllungen zur Multiplikation und Division und zum flexiblen Rechnen, indem Schülerinnen und Schüler zwischen den Punktebildern und passenden Rechnungen hin- und herwechseln. Somit bieten diese Darstellungen sehr gute Möglichkeiten, das Prinzip der Multiplikation (und Division als deren Umkehrung) zu veranschaulichen, konzeptuelles Verstehen dieser Operationen aufzubauen und auch die mit ihr zusammenhängenden Rechengesetze zu klären (Schulz 2017; Barmby et al. 2009; Hurst & Hurrell 2016; Young-Loveridge 2005; Izsák 2004).
Verschiedene Studien zeigen allerdings auch, dass SchülerInnen sich in der Art der Darstellungsnutzung unterscheiden und dass diese Unterschiede wiederum einen großen Effekt auf den Lernerfolg haben können. Manche SchülerInnen bedürfen demnach anderer bzw. erweiterterer Instruktion, um externe Repräsentationen – wie z.B. Punktefelder – gewinnbringend nutzen zu können (Schnotz et al. 1994; Maichle 1994; Peeck 1994).
Ziel des Projekts ist es, diese differentiellen Effekte zu untersuchen und zu prüfen, ob ein adaptives Lernsetting mit Hilfe grafischer Darstellungen zur Förderung des Operationsverständnisses für Multiplikation und Divsion, einem nicht adaptiven überlegen ist.
Teilprojekt 5: Adaptive Unterstützung beim explorierenden Arbeiten in der Arithmetik
Das Explorieren und Untersuchen mathematischer Strukturen nimmt im Mathematikunterricht (mindestens) zwei Rollen ein:
- Als Lernziel: Es wird für viele Inhaltsbereiche und alle Jahrgangsstufen des Mathematikunterrichts im Sinne einer Prozesskompetenz als Lernziel angesehen.
- Als Lernprinzip: Das Reflektieren von mathematischen Strukturen fördert den Aufbau konzeptuellen Verständnisses (insb. in der Arithmetik) besser als die Bearbeitung zusammenhangsloser Aufgaben.
Nicht alle Lernenden können mit der Offenheit der Aufgabenstellungen, die sich beim explorativen Arbeiten ergeben, in gleichem Maß umgehen: Für einige zeigen sich besondere Herausforderungen. Es besteht Grund zur Annahme, dass dabei verschiedene Faktoren wie Selbstregulationsfähigkeiten, Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit und Vorwissen eine wichtige Rolle spielen, allerdings ist deren Zusammenspiel nicht vollständig geklärt. Die Heterogenität soll durch ein differenzierendes Unterrichtskonzept abgefangen werden, wobei die Differenzierung in adäquaten Scaffoldingmaßnahmen ausgestaltet wird.
In zwei Teilstudien, denen beiden ein (quasi-)experimentelles Setting zugrunde liegt, und einer Vorstudie wird ein Unterrichtskonzept zum explorierenden Erwerb von Wissen im Lerngegenstand «Teiler und Vielfache» untersucht:
- Vorstudie: Der Einfluss verschiedener Faktoren wie Selbstregulation, Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit, Vorleistungen Mathematik etc. auf den Wissenszuwachs wird untersucht und daraus die Heterogenitätsvariable «Umgang mit explorativen Aufgaben» (im Folgenden HV genannt) definiert.
- Teilstudie «ATI»: In der ersten Teilstudie wird die allgemein belegte differenzielle Wirkung von Scaffolding im Klassenkontext mit der Forschungsstrategie aptitude-treatment-interaction (ATI) überprüft. Konkret wird dabei überprüft,
- ob explorierendes Arbeiten im Lerngegenstand ohne Scaffoldingmaßnahmen positive Effekte auf Lernende mit hohe Fähigkeiten in der HV zeigt, aber eher geringe Effekte auf solche mit niedrigen Fähigkeiten in der HV und
- ob explorierendes Arbeiten im erwähnten Lerngegenstand mit Scaffoldingmaßnahmen positive Effekte auf Lernende mit niedrigen Fähigkeiten in der HV, aber eher geringe Effekte auf solche mit hohen Fähigkeiten in der HV bewirkt.
- Teilstudie «ALS»: In der zweiten Teilstudie wird die die Wirksamkeit eines adaptiven Lernsettings (ALS) im Vergleich zu einem nicht-adaptiven Lernsetting überprüft. Dieses Lernsetting wird aus der ATI-Studie abgeleitet und auf Basis deren Ergebnisse und Prozessdaten optimiert.
Teilprojekt 6: Textaufgaben mit Hilfe von Skizzen lösen
Das Lösen von Textaufgaben bereitet vielen Schülerinnen und Schülern Schwierigkeiten: Lernende erzielen bei der Lösung von Textaufgaben geringere Lösungsraten als in vergleichbaren kontextfreien Aufgabenstellungen (u.a. Hohn 2012). Um die einer Textaufgabe zugrundeliegende realistische Situation verstehen zu können, wird ein zur Aufgabe/Situation passendes Situationsmodell benötigt (vgl. Mayer & Hegarty, 1996; Verschaffel et al., 2000). Das Bilden eines zur Aufgabe passenden Situationsmodells kann durch Skizzen unterstützt werden (vgl. u.a. Franke & Ruwisch, 2010). Einfluss auf den Lösungserfolg hat u.a. Wissen über Merkmale hilfreicher Skizzen (Rellensmann et al., 2017). Hier setzt das vorliegende Forschungsprojekt an: Schüler*innen werden bei der Analyse von Skizzen begleitet. Hieraus bauen die Lernenden ihr Wissen über Merkmale hilfreicher Skizzen auf, welches sie dann zunehmend in selbsterstellten Skizzen anwenden lernen. Dabei gilt es, die Heterogenität der Lernenden zu berücksichtigen – Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines adaptiven Trainings zur Lösung von Textaufgaben mit Hilfe von Skizzen, um so die Lösungsraten zu steigern.
Teilprojekt 7: Konzeptuelles Wissen zu Brüchen in einem adaptiven sprachsensiblen Mathematikunterricht (weiter-)entwickeln
Sprache ist für den Lernerfolg in Mathematik zentral, das ist vielfach belegt. Insbesondere für den Erwerb von konzeptuellem Wissen, d. h. dem Aufbau von Verständnis, erweist sich die Sprache als zentrale Heterogenitätsdimension (Prediger et al., 2015). Dass sprachlich Schwächere gerade in diesem Bereich spezifische Schwächen haben, ist nicht verwunderlich, da konzeptuelles Wissen in der Schule überwiegend sprachlich vermittelt wird. Sprachlich Schwächere benötigen daher sprachbezogene Unterstützung, sogenanntes Scaffolding (Gibbons & Cummins, 2009), um konzeptuelles Wissen aufzubauen. Empirische Befunde bestätigen, dass eine Unterstützung in Bezug auf Wort- und Satzebene sowie ganzheitliche Diskursanregungen (Beschreiben, Erklären, Begründen), den Erwerb von konzeptuellem Wissen von sprachlich Schwächeren fördern (Wessel et al., 2020). Inwiefern sich ein solches Scaffolding auf sprachlich Stärkere auswirkt, ist nicht hinreichend geklärt. Es wird angenommen, dass sich für sprachlich Stärkere geringere oder gar negative Effekte zeigen, da kognitive Ressourcen unnötig gebunden werden. Im Projekt wird dieses Forschungsdesiderat am Beispiel von Brüchen adressiert. Konkret wird ein sprachsensibles Lernangebot zu Brüchen entwickelt und in sprachheterogenen Lerngruppen unter kontrollierten Bedingungen in einer ökologisch validen Unterrichtssituation evaluiert.
Teilprojekt 8: Mediale Affinitäten als Bedingungsfaktoren des Erwerbs literarischer
Kompetenz (MABEL)
Kompetenz (MABEL)
Im Promotionsvorhaben Mediale Affinitäten als Bedingungsfaktoren des Erwerbs literarischer Kompetenz (MABEL) wird untersucht, ob und wie mediale Affinitäten der Schüler*innen für den Erwerb literarischer Kompetenz (vgl. Boelmann 2017, Boelmann und König 2020) nutzbar gemacht werden können. Thematisch findet die Umsetzung am bundesweit curricular verankerten Thema Märchen in Klasse 5 statt, das in zwei Unterrichtsvorhaben realisiert wird: eines basiert auf der Arbeit mit einem Computerspiel, das andere auf Lesetexten.
Das Forschungsvorhaben wird als ATI-Studie durchgeführt, in dessen Zentrum die Interaktion zwischen aptitudes der Lernenden (individuelle Lernvoraussetzung Medienaffinität) und treatments (lesetextbasiert vs. digital-interaktiv-basiert mit Computerspielen) steht (vgl. Cronbach und Snow 1969, Snow 1991). Das Konstrukt Medienaffinität stützt sich auf Forschungsergebnisse der medialen Sozialisation (vgl. Krämer 2013, Hurrelmann 2020), der Motivation (vgl. Seel 2003, Bak 2019) und des Selbstkonzepts (vgl. Goy, Valtrin und Hußmann 2017). Es wird erwartet, dass v.a. schwache und schwächste Schüler*innen, deren Lernsetting ihrer Medienaffinität gleicht, von der medialen Anpassung des Unterrichts profitieren.
Übergreifende Veröffentlichungen
Friesen, M., Leuders, T., & Loibl, K. (2022). Differenzieren im Mathematikunterricht: Forschungsbasiert und praxisrelevant zugleich?! Der Mathematikunterricht, 68(2), 4-17.
Friesen, M., Leuders, T., & Loibl, K. (2021). Flexibles Gruppieren nach lernzielrelevanten Voraussetzungen. Pädagogik, 3, 42–45.
Leuders, T., Loibl, K., & Weigand, G. (2020). Differenzierungsstrategien auf den Ebenen Lernen, Unterricht und Schule – Forschungsstände und Forschungsansätze. In M. Kampshoff & C. Wiepcke (Hrsg.). Heterogenität in Schule und Unterricht (S. 38-49). Stuttgart: Kohlhammer.
Loibl, K. & Leuders, T. (Hrsg.) (2021). Serie: Strategien der Binnendifferenzierung. Pädagogik, 1-4.
Loibl, K., Friesen, M., & Leuders, T. (Hrsg.) (2022). Differenzieren im Mathematikunterricht: Forschungsbasiert und praxisrelevant zugleich?! Der Mathematikunterricht, 68(2) (Editorial S. 2-3).
Loibl, K., & Leuders, T. (2021). Strategien der Binnendifferenzierung. Pädagogik, 1, 39–45.
Veröffentlichungen der Teilprojekte
Avallone, R., Holzäpfel, L., & Loibl, K. (2021). Textaufgaben mit Skizzen lösen (lernen). mathematik lehren, 224, 9-12.
Avallone, R., Holzäpfel, L., & Loibl, K. (2022). Den Umgang mit Skizzen zum Lösen von Textaufgaben lernen. Der Mathematikunterricht, 68(2), 30-40.
Bergmann, H. (2022). Wie kann fachspezifisches Textverstehen wirksam unterstützt werden? Eine experimentelle Studie zu den Effekten differenzieller Leseunterstützung bei der Textarbeit im Geschichtsunterricht. In: M. Hensel-Grobe/H. Ochs (Hrsg.). Geschichtsdidaktik Update. Aktuelle geschichtsdidaktische Forschungsansätze der Early Career Researchers. Göttingen: V&R unipress, S. 73–94.
Bergmann, H. (2023). Leseförderung im Geschichtsunterricht? Eine Interventionsstudie zur Wirksamkeit adaptiver Sprachunterstützung bei der Erschließung fachspezifischer Texte. In M. Waldis/M. Nitsche (Hrsg.). Geschichtsdidaktisch intervenieren. Beiträge zur Tagung “Geschichtsdidaktik empirisch 20”. Bern: hep, S. 46–68.
Kitzlinger, N., Grundmeier, A.-M. & Bender, U. (2022). Adaptives Lernen in der Konsumbildung – Förderung von Bewertungskompetenz mit Hilfe des Qualitätskreises für Bekleidung & Accessoires. Haushalt in Bildung und Forschung, 11(2), 83-94.
Lacher, M., Leuders, T., Künsting, J., & Wessel, L. (2022). Erkunden und Entdecken—Ertragreich für Lernende mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen. Der Mathematikunterricht, 68(2), 40–51.
Lenz, K. (2022). Brüche verstehen – adaptiv und sprachsensibel. Der Mathematikunterricht 68(2), 18–29
Lenz, K., Obersteiner, A., Wittmann, G. (under review). Who benefits most from language-responsive materials for learning mathematics? Investigating differential effects in heterogeneous classrooms. Educational Studies in Mathematics.
Schultheis, E., Loibl, K., & Leuders, T. (2022). Multiplikative Textaufgaben: Unterstützen mit Punktefeldern und Info-Netzen. mathematik lehren, 233, 10-14.
Lenz, K., Obersteiner, A.; Wittmann, G. (2023). Enhancing students’ conceptual knowledge of fractions through language-responsive instruction. A field trial. In M. Ayalon, B. Koichu, R. Leikin, L. Rubel & M. Tabach (Eds.). Proceedings of the 46th Conference of the International Group for the Psychology of Mathematics Education (Vol. 3, S. 259–266). University of Haifa, Israel: PME.